Startseite / Bone-Stress-Injuries vermeiden – Prävention, Rehabilitation und langfristige Strategien für Läuferinnen und Läufer
Teil 2: Bone-Stress-Injuries
Bone-Stress-Injuries entstehen nicht über Nacht. Sie sind das Ergebnis einer über längere Zeit bestehenden Diskrepanz zwischen mechanischer Belastung und biologischer Anpassung. Während viele Läuferinnen und Läufer darauf bedacht sind, ihre Ausdauer zu steigern und ihre Laufleistung zu verbessern, bleibt die Frage nach der Knochengesundheit oft unbeachtet – bis sich erste Beschwerden bemerkbar machen.
Wie in Teil 1 beschrieben, besteht der Schlüssel zur Vorbeugung von Bone-Stress-Injuries darin, das Zusammenspiel von Belastung, Erholung und biologischer Anpassung optimal zu steuern (1). Dabei sind mehrere Faktoren entscheidend: die Planung des Trainings, biomechanische Anpassungen, gezieltes Krafttraining und eine bedarfsgerechte Ernährung (2).
Ein plötzlicher, sprunghafter Anstieg des Laufumfangs oder der Intensität ist einer der häufigsten Auslöser für Bone-Stress-Injuries (3). Der menschliche Knochen benötigt Zeit, um sich an steigende Belastungen anzupassen. Wird ihm diese Zeit nicht gegeben, steigt das Risiko, dass sich Mikrotraumata schneller ansammeln, als sie repariert werden können (2,4).
Sobald Läuferinnen und Läufer ihr Wochenpensum zu schnell steigern, besteht ein signifikant höheres Risiko für Stressfrakturen (5). Das höchste Risiko besteht, wenn das Trainingsvolumen oder die Intensität um mehr als 30 % pro Woche erhöht wird (6). Aus diesen Gründen ist eine systematische Trainingsplanung über die Saison hinweg, besonders in der Wettkampfvorbereitung und im Trainingslager, sinnvoll und notwendig. Mögliche Lösungen sind hier:
Laufen allein reicht nicht aus, um eine optimale Knochengesundheit zu gewährleisten. Studien zeigen, dass Ausdauerathleten und Athletinnnen, welche kein Krafttraining absolvieren, eine niedrigere Knochendichte haben als diejenigen, die regelmäßig Widerstandstraining in ihre Routine einbauen. (8).
Athletinnen und Athleten, die multidirektionale Bewegungen und Sprungkrafttraining in ihr Programm integrieren, haben eine höhere Knochenstärke als reine Läuferinnen und Läufer (2). Wir wissen von militärischen Rekrutinnen, welche langen Märschen ausgesetzt sind und keine ergänzenden Kraftübungen absolvieren, dass sie ein erhöhtes Risiko für Bone-Stress-Injuries haben (9).
Wir sehen hier folgende, mögliche Lösungsansätze:
Ein oft übersehener, aber entscheidender Faktor für die Prävention von Bone-Stress-Injuries ist die Ernährung. Insbesondere ein Energiemangel oder ein Defizit an essenziellen Mikronährstoffen kann die Knochengesundheit erheblich beeinträchtigen und das Risiko für Stressverletzungen erhöhen (10). Die niedrige Energieverfügbarkeit (LEA), also ein Defizit an zugeführter Energie und Nährstoffen ist einer der Hauptrisikofaktoren für BSI (11). LEA führt zu hormonellen Störungen und einer verminderten Knochendichte, insbesondere bei weiblichen Sportlerinnen aber auch bei männlichen Athleten (12).Läuferinnen und Läufer mit unzureichender Kalorienzufuhr haben ein bis zu dreifach erhöhtes Risiko für eine Bone-Stress-Injury (6). Ein Vitamin-D-Mangel ist mit einer reduzierten Knochendichte und einem erhöhten Frakturrisiko verbunden (10). Eine niedrige Kalziumaufnahme beeinträchtigt die Knochenmineralisierung und erhöht das Risiko für Mikrorisse im Knochen (8).
Auch hier haben wir einige Lösungsansätze zusammengetragen:
Der Laufstil, unser Fußaufsatz und die Schrittfrequenz können das Verletzungsrisiko beeinflussen (13). Sportlerinnen und Sportler mit niedriger Schrittfrequenz haben ein erhöhtes Risiko für eine BSI, da die Stoßbelastung insgesamt pro Schritt größer ist, was sich je nach Länge eines Laufes drastisch summieren kann (14). Um dieses Faktoren zu adressieren, braucht es eine Analyse der Lauftechnik, um zu entscheiden, ob und wie Änderungen vorzunehmen sind. Da unser Laufstil individuell variiert und davon auszugehen ist, dass das gesamte System bereits einen effizienten und ökonomische Stil für sich erlernt und etabliert hat, sind Änderungen in der Technik immer auch ein Eingriff in dieses System. Daher ist es wichtig mit allen Veränderungen achtsam zu sein, Schritt für Schritt vorzugehen, sich Zeit zu lasssen und den Effekt der neuen Technik genau zu beobachten.
Hier gehts zum Download: Handout-Guide-Versorgung-Training_0202
Stufenweise Rückkehr zum Lauftraining
Wir wissen, dass ein zu früher Wiedereinstieg das Risiko für eine erneute Bone-Stress-Injury verdoppelt (2). Eine Verletzung dieser Art in der Vergangenheit erhöht das Risiko für eine BSI signifikant. Der Grad und die Region der Stressverletzung spielen eine wesentliche Rolle für den Wiedereinstieg in das Laufen und die Prognose für die Zukunft. Der Schlaf und die Erholung, die entsprechnde Versorgung des Trainings mit ausreichender Energie und Nährstoffen sind essentiell, ebenso wie die Beachtung beitragender psychosozialer Faktoren und das Verhältnis zum Sport (15). Läuferinnen und Läufer sollten erst dann mit dem Lauftraining beginnen, wenn die medizinischen Fachgruppen die Freigabe für die Belastung geben und sie für mindestens fünf Tage völlig schmerzfrei sind (6). Hochrisiko-Verletzungen (z. B. Stressfrakturen im Oberschenkelhals) erfordern eine längere Immobilisationsphase, bevor die Belastung gesteigert werden darf (11).
Wesentliche Schritte zum Wiedereinstieg in der Frühphase sind alternative Trainingsmethoden wie Schwimmen oder Radfahren, sowie stabilisierende Übungen der Rumpfmuskulatur um die Belastung auf den Knochen in der Frühphase der Rehabilitation zu reduzieren, die Belastbarkeit insgesamt jedoch nicht zu sehr abfallen zu lassen (2).
Ein schrittweises Return-to-Run-Programm, das sich über mehrere Wochen erstreckt, minimiert das Rückfallrisiko und ist ein zentraler Pfeiler in der Rehabilitation (6). Während der Rückkehr zum Laufen sollten intensive Einheiten und hohe Sprungbelastung vermieden werden (5).
Die Physiotherapie spielt eine zentrale Rolle sowohl in der Prävention als auch in der Rehabilitation von Bone-Stress-Injuries. Da diese Verletzungen das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels aus mechanischer Belastung, biologischer Anpassung und individuellen Risikofaktoren sind, ist ein interdisziplinärer Ansatz entscheidend, um sowohl akute Beschwerden zu behandeln als auch zukünftige Verletzungen zu vermeiden (11).
Ein wesentlicher Bestandteil der physiotherapeutischen Betreuung ist die Beurteilung und Optimierung biomechanischer Faktoren, die das Verletzungsrisiko beeinflussen. Untersuchungen zeigen, dass Lauftechnik, Schrittfrequenz, Fußaufsatz und Muskelaktivierungsmuster einen erheblichen Einfluss auf die Belastung der Knochen haben (13). Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten setzen daher gezielte Bewegungsanalysen ein, um ineffiziente Laufmuster oder fehlerhafte Bewegungsstrategien zu identifizieren und zu korrigieren (7).
Neben Anleitungen zu biomechanischen Anpassungen umfasst die physiotherapeutische Prävention auch ein gezieltes Kraft- und Stabilisationstraining. In der Rehabilitation von Bone-Stress-Injuries verfolgt die Physiotherapie einen stufenweisen Ansatz, der sich an den biologischen Heilungsprozessen des Knochens und an der Funktion der entsprechenden Region orientiert. In der Frühphase nach einer Verletzung stehen Schmerzlinderung, Entlastung und der Erhalt der funktionellen Mobilität im Vordergrund. Je nach Schweregrad der Verletzung können Maßnahmen wie manuelle Therapie, Lymphdrainage und gezielte Mobilisationsübungen eingesetzt werden, um Schwellungen zu reduzieren und eine frühzeitige Wiederherstellung der Beweglichkeit zu ermöglichen.
Sobald der Heilungsprozess fortgeschritten ist, beginnt die schrittweise Wiederbelastung des betroffenen Knochens. Hierbei ist es entscheidend, die Belastungssteigerung so zu dosieren, dass der Knochen ausreichend Zeit zur Anpassung hat, ohne dass es zu einem Rückfall kommt. Krafttraining, plyometrische Übungen und koordinative Stabilisationsübungen werden schrittweise integriert, um die Belastbarkeit des Knochens zu verbessern und die Rückkehr zum sportlichen Training vorzubereiten (2,6).
Ein weiterer wichtiger physiotherapeutischer Aspekt ist die individuelle Anpassung der Trainingsplanung, um erneute Verletzungen zu vermeiden. Gerade in der Spätphase der Rehabilitation arbeiten Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten eng mit den Trainerinnen und Trainern zusammen, um ein effektives Belastungsmanagement zu gewährleisten. Hierzu gehört die Entwicklung eines progressiven Trainingsprogramms, das neben der sukzessiven Steigerung der Laufbelastung auch alternative Trainingsformen wie Aqua-Jogging, Radfahren oder Krafttraining integriert, um die Knochengesundheit langfristig zu erhalten (2).
Die Bedeutung eines umfassenden Ansatzes in der Betreuung von Athletinnen und Athleten mit Bone-Stress-Injuries ist wesentlich, da neben der klassischen Behandlung Aufklärung, Ernährungsempfehlungen und langfristige Präventionsstrategien essenzielle Bestandteile eines erfolgreichen Rehabilitationsprozesses sind (11). Die enge Zusammenarbeit zwischen Physiotherapie, Sportmedizin und Trainingswissenschaft kann dazu beitragen, nicht nur die Heilungszeit zu verkürzen, sondern auch das Risiko zukünftiger Verletzungen signifikant zu reduzieren.
Die Prävention von Bone-Stress-Injuries erfordert eine Kombination aus intelligenter Trainingsplanung, biomechanischen Anpassungen, gezieltem Krafttraining und einer bedarfsgerechten Ernährung. Wer diese Faktoren in sein Training integriert, kann das Risiko für Verletzungen erheblich reduzieren und langfristig gesund und leistungsfähig bleiben.
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